Das Auswahlwochenende


 

 The wold is a globe-

the farther you sail, the closer to home you are. 

-Terry Pratchett 

 

Hallo ihr Lieben, 

wie ihr bereits aus meinem letzten Blog wisst, wurde ich also in die nächste Runde geschickt und zu dem AWW nach Bad Homburg eingeladen. Und ich muss ehrlich sagen, die Anfahrt sorgte dafür, dass ich mir gar keine allzu großen Sorgen machen musste, was dort auf mich zukommen würde. Am Wochenende des AWWs herrschte über Deutschland ein schreckliches Orkantief, welches fast sämtliche Zugverbindungen lahm legte. Und natürlich waren damit all meine Pläne für die Anreise über den Haufen geworfen worden. Kein Zug fuhr mehr von Magdeburg aus Richtung Süden. Nicht einmal der Nahverkehr funktionierte noch richtig. Als ich am Tag der Anreise am Bahnhof wartete (nun schon zum dritten Mal, da leider nicht im Internet stand, dass meine Zug ausfällt ;)), schwanden meine Hoffnungen dahin. Pünktlich würde ich es nie mehr schaffen und von meinen Eltern konnte mich auch keiner fahren. Doch ein glücklicher Zufall rettete mich. Eine Vertreterin aus dem UWC Stiftungsbüro sagte mir am Telefon, dass es einen Jungen gäbe, der ebenfalls auf dem Weg zum AWW wäre und mich vielleicht mit seiner Mutter in Leipzig oder Halle aufgabeln könnte. Sie waren meine Rettung ;). Außerdem erfuhr ich, dass der Beginn des AWWs um mehrere Stunden nach hinten verschoben wurden war, da es Einigen so ging wie mir. Als ich dann doch noch einen Zug nach Halle erwischte und von dort aus mit einer ausgesprochen netten Familie im Auto nach Bad Homburg saß, war ich mächtig erleichtert und irgendwie auch kein bisschen nervös. Schließlich hatte ich ja noch mehrere Stunden Zeit, ehe wir überhaupt ankommen würden. Doch aus Stunden wurde eine Stunde und dann waren es auf einmal nur noch dreißig Minuten. Selbst die interessanten Gespräche während der Fahrt mit dem anderen Bewerber hielten meine Gedanken nicht davon ab, sich eigenständig auf die Suche nach dem Ziel zu begeben und wild darum zu kreisen. Mein Herz schlug viel zu schnell, als ich die Autotür aufstieß und ausstieg, doch versuchte ich, ruhig zu bleiben. Ich freute mich riesig auf die kommenden Tage und die Menschen, die ich kennenlernen würde. Enttäuscht wurde ich nicht. Es hört sich vielleicht verrückt an, aber ich glaube, ich habe noch nie so viele geniale, offene, interessante und kreative Menschen auf einem Fleck gesehen. Und es ist keine Lüge zu behaupten, dass wir alle aus dem Diskutieren gar nicht mehr herauskamen. Worüber wir redeten? Über alles. Wirklich. Es war irre. Ich habe die Zeit sehr genossen und auch wieder neue Freundschaften knüpfen dürfen. Natürlich bestand das Wochenende nicht nur aus Essen, wenig Schlaf, Diskussionen und netten Menschen. Die Auswähler nahmen uns während dieser Zeit noch einmal ganz genau unter die Lupe und versuchten herauszufinden, ob wir wirklich an ein UWC passten oder nicht. Auch hierbei hatte ich den Eindruck, dass sowohl auf die Persönlichkeit, als auch auf die Ideale und Interessen Wert gelegt wurde. Ich hatte mir geschworen, ich selbst zu sein, um nicht in Zweifel zu geraten, und rückblickend war dies die beste Entscheidung, die ich hätte treffen können. Immer wieder wurde uns bestätigt, dass wir, sollte die Wahl nicht auf uns fallen, es nicht als persönlichen Rückschlag oder als Schwäche sehen sollten. Dann hätten sie schlicht und ergreifend nicht genug Geld, um auch diese Personen zu schicken. Natürlich wusste ich das, doch mir war genauso klar, wie enttäuscht ich seien würde, wenn es nicht klappen sollte und ehrlich gesagt hätte ich es jedem gegönnt, den ich in diesen Tagen kennengelernt habe. Es gab Minuten, in denen ich mich umsah und mein Geist, überflutet von Eindrücken, innehielt. Woraufhin ich realisierte, wo ich war und was ich gerade dabei war zu tun. Zögern sei normal, wurde uns gesagt und ich versichere euch, es ist ein eigenartiges Gefühl, plötzlich 'aufzuwachen' und sich umzusehen. So als sei man wieder bei Bewusstsein. An meiner Einstellung änderte sich jedoch nichts und als ich ''leicht'' übermüdet am Sonntag im Zug nach Hause saß (das Unwetter hatte sich gelegt), war ich einfach nur dankbar für diese einmalige Chance und versuchte mir selbst zu erklären, dass ich auch, sollte ich nicht genommen werden, so viel aus diesen Tagen mitgenommen hatte, dass ich totsicher daraus profitieren würde. 

Die Woche danach zog sich hin, wie Kaugummi. Die Emails sollten bis zum Ende/ Anfang des Monats kommen und ich schwöre, dass ich mein Emailpostfach noch  nie so oft aktualisiert habe, wie in diesen Tagen. In mir herrschten widerstreitende Gefühle. Ich versuchte mich selbst davon zu überzeugen, dass ich nicht genommen würde, damit ich nicht enttäuscht wäre, falls es so käme und kämpfte mit allen Nerven gegen ebendiesen Gedanken, da ich an mich selbst glauben wollte. 

Die endgültige Nachricht kam am 31.01.2018 um 13:41 Uhr. Die Kommission hatte entschieden, dass ich für einen Platz am UWC Changshu China angenommen worden war. 

 

 Liebe Grüße

Lena